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Rau legt dank Online-Vermarktung weiter zu

Hersteller von Arbeitsplatzeinrichtungen aus Balingen legt Wert auf eigene Produktion der gefragten Buchenmassivholzplatten

Balingen-Weilstetten ist für Handballfans ein bekannter Ort nahe Stuttgart. Genau wie die „Gallier von der Alb“ hat hier einer der führenden Hersteller von Arbeitsplatzeinrichtungen seine Wurzeln, die Rau GmbH. Das von Wagnermeister Wilhelm Rau 1946 gegründete Unternehmen hatte irgendwann in Weilstetten keinen Platz mehr zum Wachsen, und so zog man nach Balingen-Frommern, wo das Familienunternehmen nach weiteren Zukäufen heute über 37 000 m² Betriebsfläche verfügt. Basis der anhaltenden Expansion sind Markenpflege, hoher Qualitätsanspruch, Innovationen sowie Investitionen in die Fertigung und deren Peripherie. Während oft darüber diskutiert wird, was man Nützliches aus den vielen Buchen machen kann, die im Zuge des Waldumbaus künftig in deutschen Wäldern heranwachsen, sind hochwertige Buchenholz-Platten bei Rau Teil des Markenkerns. Und die vollständige Verwertung des Restmaterials hat man inzwischen sogar zu einem weiteren Standbein entwickelt.

Schon der Gründer des Unternehmens, Wagnermeister Wilhelm Rau, stellte neben Wagen und Rädern auch Hobelbänke her. Sohn Herbert Rau übernahm später die junge Firma zusammen mit seiner Frau Margrit. Unter ihm wurde das Programm um Werkbankplatten, Werkbänke, fahrbare Werkbänke und Arbeitstische erweitert. Mit den Söhnen Bernd und Joachim Rau ging das Unternehmen in die dritte Generation. Das Produktprogramm wurde ausgebaut um Werkzeugwagen, Werkbank-Selbstbauprogramme, Tischund Transportwagen, Systemauf- und -anbauten für Werkbänke und Arbeitstische sowie EDV- und Montagestationen. Coronabedingt kamen auch Hygienemöbel hinzu, also z. B. Säulen für Desinfektionsmittel, die kurzentschlossen aus bereits angebotenen Produkten abgeleitet wurden. Inzwischen umfasst das Standardprogramm 12 000 verschiedene Produkte bzw. Zusammenstellungen, allein Werkbänke gibt es in sieben Breiten und zwei Tiefen und standardmäßig in 15 Farben (Pulverbeschichtung) – in 225 möglichen Kombinationen – und einer großen Zahl von Ausstattungs- und Anordnungsvarianten. Gegen Aufpreis können die Produkte auch individuell hergestellt werden, z. B. mit 200 RAL-Farbtönen. Was man aber nicht mehr anbietet, sind Hobelbänke.

Der Vertrieb der Produkte erfolgt über den Fachhandel und in den deutschsprachigen Ländern über spezialisierte Versandhändler. Hier hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Hätte wohl früher niemand eine hochwertige Werkbank ungesehen über den Versandhandel bestellt, ist dies heute über das Internet gang und gäbe.

Eine Zäsur wurde 2011 initiiert: Bis dahin verkaufte man die eigenen Produkte größtenteils praktisch neutral, allenfalls war ein Aufkleber des Fachhändlers darauf zu finden. Nun führte man den Claim „heRAUsragend“ ein, verbunden mit dem Markenversprechen von höchster Qualität „Made in Germany“. Neben der Wirkung, dass nun für den Endkunden hinter dem Produkt auch ein Hersteller zu erkennen ist, führte dieser Ansatz auch intern zu einem Ruck in der Belegschaft.

Neben der Qualität zählt für Rau auch hohe Kundenorientierung. So folgen oder setzen neue Produkte aktuellen Trends. Dazu gehören z. B. wachsende Anforderungen an die Ergonomie, wodurch etwa Steharbeitsplätze und (elektrisch, eventuell mit Memoriefunktion für verschieden große Nutzer) höhenverstellbare Arbeitsplätze stärker nachgefragt werden. Zuwächse gibt es auch bei beweglichen Werkbänken (mit Fahrwerk), PC-Möbeln oder beim breiten Zubehör zur individuellen Anpassung des Arbeitsplatzes an konkrete Tätigkeiten.

Die Belegschaft ist in den letzten Jahren auf 110 Mitarbeiter angewachsen. Kontinuierlich bildet der Betrieb aus, im Schnitt kann man sich über etwa zehn Auszubildende im Betrieb freuen, darunter auch Holzbearbeitungsmechaniker. Auch unter Pandemie-Bedingungen hat man es geschafft, Ausbildung vor Ort anzubieten. Dem Nachwuchs wird in der Regel nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre eine Übernahme angeboten. Die jungen Leute haben so eine Perspektive, der Betrieb kann im Gegenzug vom bereits eingearbeiteten Personal profitieren. Zudem bietet man den Mitarbeitern Fort- und Weiterbildungen an.

Sorgenfrei ist man im 75. Jahr des Bestehens bei Rau jedoch nicht, denn derzeit belastet auch dieses Unternehmen die Materialversorgung. Stahl ist sehr teuer geworden und gewohnte Liefertreue ist auch nicht mehr alltäglich. Besser sieht es da beim Holz aus. Zwar gibt es die Produkte von Rau mit verschiedensten Plattenmaterialien (nach Anforderungsprofil), Standard bei der hochwertigen Werkbank sind aber nach wie vor Buchenmassivholzplatten. Bei Rau legt man schon aus Gründen der Flexibilität Wert darauf, dass diese selbst gefertigt werden. Angeboten wird die Buche-Massiv-Arbeitsplatte in Stärken von 25, 40, 50 und 100 mm.

Das Holz kauft man überwiegend bei Waldbesitzern in der Region, ein langjähriges Partner-Sägewerk schneidet daraus Dielen, die dann bei Rau in zwei Kammern von Mühlböck selbst getrocknet werden. Ein Teil des Holzes kauft man jedoch auch beim Buchenspezialist Pollmeier. Wie im Prospekt zu lesen ist, sprechen für das Buchenholz herausragende Eigenschaften: belastbar, druckfest, langlebig, natürlich, robust, schön, verschleißfest und wiederverwendbar.

Hightech dominiert die Plattenherstellung

Die Plattenherstellung ist hochautomatisiert. Hier findet man u. a. Maschinen von Raimann, Weinig, Homag und Bütfering, aber auch die Altendorf fehlt nicht. Die getrockneten Dielen werden entsprechend der geplanten Plattendimension aufgeschnitten und Fehler ausgekappt. Die Werkstücke durchlaufen anschließend eine Vierseitenhobelmaschine (Vierseiter), werden dann vierseitig gescannt, wobei Fehler in Oberfläche und Kanten erkannt und zum Auskappen markiert werden. Zudem generiert das System Daten für die Optimierungsäge. Die nun weitgehend fehlerfreien Kanthölzer werden in zwei Sichtqualitäten aufgeteilt. Anschlie- ßend durchlaufen sie die Keilzinkfräse, werden an den Stirnseiten verleimt und zu Riegeln verbunden. Vor der längsseitigen Verleimung durchlaufen diese einen zweiten Vierseiter. Nach dem Verbinden in der Hochfrequenzpresse werden die Platten in zwei hintereinander geschalteten Schleifmaschinen auf der Ober- und Unterseite geschliffen. Einen der letzten Bearbeitungsschritte stellt das Fräsen eines Radius’ an der Vorderseite dar, die anderen Kanten werden gefast. Zudem können nötige Bohrungen eingebracht werden. Dafür stehen zwei Bearbeitungszentren zur Verfügung, das neuere übernimmt auch den Schliff der Seitenflächen, bei Platten aus dem älteren erfolgt dieser manuell.

Der finale Auftrag von Lackleinöl erhöht die Beständigkeit und trägt dazu bei, die Wertigkeit der Platten zu unterstreichen. Anders als bei Möbeln mögen die Käufer von Werkbänken farbliche Vielfalt im Buchenholz offenbar weniger. Daher werden die Platten aus technisch perfekten, aber wegen optischer Besonderheiten (z. B. Rotkern) in die zweite Qualitätsstufe einsortierten Hölzer mit einem Buchen-Starkfurnier versehen. So kann die Ausbeute erhöht werden.

Letztlich sorgen jedoch der hohe Qualitätsanspruch und die Besonderheiten des Holzes dafür, dass aus 10 bis 15 m³ Buchendielen je Schicht, letztlich nur 5 bis 7 m³ Arbeitsplatten werden. Dies bedingt ein hohes Aufkommen an stückigen Resten, aber auch an Hobel-, Säge- und Frässpänen. Diese werden von zwei Absaugungen von Höcker Polytechnik erfasst.

Ein Teil der Späne sowie zerkleinerte stückige Reste werden in einem Zwischensilo gelagert. Daraus erzeugt man bei Rau mit zwei Pressen von Höcker Polytechnik runde Briketts. Die etwa faustgroßen Briketts werden in Kartons verpackt, eine Folie schützt sie davor, Feuchtigkeit aufzunehmen. Die Vermarktung erfolgt über eine spezielle Homepage direkt an den Endkunden. Zum Transport kann auf das Speditionsnetzwerk zurückgegriffen werden, welches für die Hauptprodukte von Rau gesponnen wurde. Für Kundschaft aus der Region besteht aber auch die Möglichkeit, die Briketts direkt im Werk abzuholen.

Holzvergaser hat ausgedient

Stückige Reste wurden bisher überwiegend zur eigenen Wärmeversorgung und Stromerzeugung eingesetzt. Dazu hatte man 2013 eine Holzvergaseranlage mit Blockheizkraftwerk installiert. Der Holzvergaser lief bei Rau im Schnitt etwa 5 800 Stunden pro Jahr. In der Spitze waren es 6 500 Stunden. Allerdings habe man das Pech gehabt, dass es sich um eine frühe Version des Vergasers handelte, der einen aus heutiger Sicht hohen Personal- und Zeitaufwand erforderte. Trotzdem lief die Anlage nicht so stabil, wie man sich dies erhofff hatte und dies für die Prozesswärmeversorgung für die Holztrocknung und Entfettungsanlage/Pulverbeschichtung im Metallbereich benötigt. Oft sei man von ungeplanten Stillständen überrascht worden. Deshalb soll nun die benötigte Prozesswärme zwar weiter mit dem BHKW erzeugt werden, das nach einem Wechsel einen relativen neuen Gas-Motor hat, nun aber auf Basis von Erdgas. Die nötige Gasleitung liege direkt am Grundstück an. Wie Geschäftsführer Bernd Rau erklärt, soll das Festhalten an der Kraft-Wärme- Kopplungs-Anlage, die Wärme auf dem benötigten hohen Niveau bereitstellt, auch künftig zu einem hohen Wirkungsgrad bei der Wärmeerzeugung beitragen. Zudem will man den erzeugten Strom selbst nutzen. Dem Wegfall von EEG-Einspeisevergütung und KWK-Bonus stehen laut Rau geringere Neben- und Betriebskosten gegenüber.

Ein Teil der Wärme soll auch künftig mit einem vorhandenen Holzkessel (Mawera) erzeugt werden, der stückige Teile der Produktionsreste verwertet. Er wird für die Warmwassererzeugung und die Heizung eingesetzt. Den nun größeren Rest an stückigem Material will man verstärkt vermarkten. Das bisherige Brennholz-Angebot lässt sich gut absetzen, kein Wunder bei der hohen Qualität (getrocknetes Buchenholz im Ofenformat). Zudem soll die Brikettproduktion ausgebaut werden – im Gespräch ist eine zusätzliche Brikettpresse mit bis zu 800 kg/h Leistung.

Tags: Unternehmen