Die Agentur für Arbeit Balingen hat den Arbeitsmarktbericht für den Monat November veröffentlicht. Anke Traber, Chefin der Agentur, Pressesprecher Rolf Gehring und Arbeitgeberbetreuerin Antonia Jannelli waren deshalb zu Gast bei der Firma Rau Arbeitsplatzeinrichtungen in Frommern, um über die aktuellen Zahlen und Quoten rund um Beschäftigte und Arbeitslose zu sprechen.
„Für uns ist das super, dass wir als mittelständischer Betrieb unsere Sichtweise auf den Markt zeigen können“, freute sich der Geschäftsführer Bernd Rau. Die Anwesenden tauschten sich über die aktuellen Entwicklungen sowie Herausforderungen aus, denen sich die Firmen in der Region wie auch das Familienunternehmen, das Werkbänke und Stehpulte herstellt, stellen müssen.
Rote Zahlen und Balken
Zunächst warnte die Chefin der Arbeitsagentur vor, man solle nicht erschrecken, dass die mitgebrachte Statistik viele rote Zahlen und Balken zeige: „Eine Hochleistungsgesellschaft wie unsere wird immer Arbeitslose haben.“ 1640 Menschen haben sich im November 2022 bei der Agentur für Arbeit Balingen arbeitslos gemeldet, aber nur 1550 haben ihre Arbeitslosigkeit beendet. Das bedeute eine Steigerung der Zahl der Arbeitslosen zum Vormonat. Die derzeitige Arbeitslosenquote liege im Zollernalbkreis mit insgesamt 4340 arbeitslos gemeldeten Menschen bei 4,0 Prozent, was 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr seien.
Eine Erklärung hatte Anke Traber sofort parat: „Die Arbeitslosigkeit ist dadurch gestiegen, dass wir die ukrainischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bei uns haben. Hätten wir sie nicht im Bericht, wäre die Arbeitslosenquote für den Agenturbezirk bei 3,1 Prozent.“ Dieser Bezirk beinhalte neben dem Zollernalbkreis auch den Landkreis Sigmaringen.
Arbeitskräftemangel
Die Arbeitslosenzahl sei allgemein niedrig. Laut Anke Traber zwar eine gute Entwicklung, jedoch gleichzeitig eine schwierige Situation für Betriebe. Denn nicht nur die Zahl der Beschäftigten, sondern auch die Arbeitskräftenachfrage sei höher als vor der Corona-Krise. „Vor einer Weile haben wir noch von Fachkräftemangel gesprochen, mittlerweile ist es ein Arbeitskräftemangel“, sagte die Chefin der Arbeitsagentur.
Das konnte auch die Firma Rau bestätigen. Die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei laut Michaela Rau keine einfache Aufgabe. „Es kommen Bewerbungen rein, da müssen wir oftmals erst einmal tief durchatmen“, erklärte die Personalleiterin beim Gespräch mit der Arbeitsagentur und fügte hinzu: „Nicht unbedingt das Fachliche ist das, woran es hapert. Das kann man beibringen. Das Persönliche ist es.“
Deswegen habe man in der Firma umstrukturiert. „Vor einigen Jahren war das Thema Personal bei uns noch unterste Priorität. Jetzt steht das ganz oben“, so Geschäftsführer Bernd Rau. Es werde nicht mehr nur auf Benefits, sondern vor allem auf Soft Skills, Wertschätzung und ein familiäres Umfeld gesetzt. „Wir können nur gewinnen, wenn sich alle bei uns wohlfühlen. Unsere große Überschrift für die Zukunft lautet deshalb: der Faktor Mensch“, so Michaela Rau.
Eine große Herausforderung sei dabei die sogenannte „Generation Z“ (Menschen, die um die Jahrtausendwende geboren wurden) und ihre Einstellung zur Arbeit. „In der Work-Life-Balance kommt auch das Wort ‚Work‘ vor, das darf man nicht vergessen“, scherzte Bernd Rau. Doch bei allem Humor sei das bei ihnen in der Firma tatsächlich ein Problem. Beinahe jedes Jahr springe ein Azubi nach Vertragsunterzeichnung wieder ab und mit einer Vier-Tage-Woche würde man die Aufgaben im Haus nicht schaffen.
„Es verschwinden keine Arbeitskräfte, sondern neue Arbeitsplätze entstehen“, ging der Pressesprecher Rolf Gehring erneut auf den Bericht ein. 790 neue Stellenangebote wurden bei der Agentur für Arbeit im November gemeldet, somit seien derzeit 4900 Stellen frei. Ein Manko laut Arbeitsmarktbericht: Die Zahl der Arbeitsplätze für Ungelernte sinke hingegen.
Bei der Firma Rau sei das etwas anders. „Industriekaufleute und Verwaltungspersonal zu finden, ist weniger das Problem. Aber in der Fertigung schon“, so Michaela Rau. Derzeit suche man Personal für die Schweißerei, das Lager und als „Produktionsmitarbeiter Metall“. „Wir bieten es aber sehr schnell an, probezuarbeiten und sind da immer sehr optimistisch“, ergänzte Jannik Rau, der als Assistent der Geschäftsleitung arbeitet.
Gesucht werde über die sozialen Medien, die Unternehmenswebseite, die Zeitung und aufgehängte Banner, in erster Linie aber über die Arbeitsagentur. Dort ist Antonia Jannelli für die Firma Rau zuständig. Die Arbeitgebervermittlerin entscheide bei ihren Vermittlungsvorschlägen oft „vom Gefühl her“, denn nicht immer treffe die Ausschreibung hundertprozentig auf die Bewerberinnen und Bewerber zu. Sie wies deshalb im Gespräch darauf hin, dass die Agentur für Arbeit auch unterstütze, Beschäftigte firmenintern weiterzubilden.
Positive Entwicklungen
„Zu 95 Prozent ist alles in Butter“, so beschrieb Michaela Rau abschließend die Situation in ihrer Firma. Und auch auf dem Arbeitsmarkt im Bezirk der Arbeitsagentur in Balingen gibt es positive Erscheinungen. So ging die Anzahl der Langzeitarbeitslosen (Menschen, die über ein Jahr arbeitslos gemeldet sind) zurück, nämlich um 11,3 Prozent. Rolf Gehring fügte eine weitere positive Nachricht an: „Sechs Prozent weniger Schwerbehinderte sind im Zollernalbkreis und dem Landkreis Sigmaringen arbeitslos“, was die zunehmende Kompromissbereitschaft der Arbeitgeber in der Region zeige.